Sheriff für einen Tag Teil 7
– Wie die Banditenjagd endete

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Sheriff für einen Tag Teil 7 - Wie die Banditenjagd endete

Ach, das war ein schöner Moment der Geschichte, an dem ich meine Erzählung beim letzten Mal unterbrochen habe. Vielleicht war es sogar der schönste Moment des ganzen langen Tages, an dem ich damals Sheriff war. Das Geklapper der Pferdehufe, diese Vorfreude auf die Banditen, die gleich um die Ecke geritten kommen würden und die Spannung,  wie sie wohl auf mich reagieren würden, wenn ich direkt vor ihnen auf die Straße gesprungen kam und sie mit meiner Holzpistole und meinem Sheriffstern zu Tode erschrecken würde!  Ein perfekter Moment war das, als ich dort saß, zum Absprung vom Weidenstumpf bereit, voller Mut und Tatendrang. Leider währte dieser perfekte Moment tatsächlich nur einen Augenblick, denn bereits Sekunden später überschlugen sich die Ereignisse und alles wurde einfach nur fürchterlich. Aber lass mich der Reihe nach weitererzählen.

Wenn du das Geklapper von beschlagenen Hufen auf einer Teerstraße hörst, gibt es gar keinen Zweifel daran, dass jeden Moment ein oder mehrere Pferde um die Ecke kommen. Kein Geräusch auf der ganzen Welt klingt genauso, egal, ob ein Pferd im Schritt, im Trab oder in vollem Galopp unterwegs ist. Ich kenne zumindest nichts, was sich auch nur so ähnlich anhört, wie der metallische Klang und der ganz eigene Rhythmus, der entsteht, wenn ein Pferd auf seine ganz eigene Art seine Hufe auf den Asphalt aufsetzt. Also konnte ich mich dieses Mal überhaupt nicht irren, ganz eindeutig waren es mehrere Pferde, die sich mir auf meinem Weidenthron näherten.

Und wenn mehrere Pferde eine Straße entlanglaufen, sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch Reiter dabei. Wenigstens habe ich nie eine Gruppe Pferde gesehen, die ganz allein auf einem Spaziergang durch Ammerswurth unterwegs gewesen wäre. Auf den Weiden unseres Nachbarn liefen seine Pferde natürlich frei umher, aber im weichen Gras hörst du kein solches Hufgeklapper wie auf einer Teerstraße. Es mussten also Pferde mit Reitern sein. Und wer hätten diese Reiter schon sein sollen, wenn nicht Banditen?

Die jüngste Tochter unseres Nachbarn, die ein paar Jahre älter war als ich, konnte es jedenfalls nicht sein. Sie war zwar eine richtig gute Reiterin und kannte sich sehr gut mit Pferden aus, aber sie war nur eine Person und entsprechend auch immer nur mit einem Pferd zurzeit unterwegs.  Von ihr habe ich übrigens gelernt, wie man Pferde richtig striegelt und wie du ihre Hufe mit so einem komischen Schaber sauber machen musst. Sie machte sogar schon bei wichtigen Turnieren mit, wo man mit dem Pferd über hohe Hindernisse springen muss oder mit einer Stange einen aufgehängten Ring zu angeln versucht, während man ganz schnell reitet. Außer ihr hatte ich noch keinen der Ammerswurther je auf einem Pferd gesehen.

Mein Vater soll als junger Mann auch ein guter Reiter gewesen sein. Das haben mir mehrere Menschen erzählt. Außerdem gab es ein altes Schwarz-Weiß-Foto, das einen Mann auf einem Pferd beim Sprung über ein sehr hohes Hindernis zeigte. Es war ein schönes Bild, auch wenn es nur schwarzweiß war. Aber meinen Vater konnte ich darauf beim besten Willen nicht erkennen und ihn mir auf einem Pferd vorzustellen, gelang mir auch nicht recht. Ich kannte ihn nur auf dem Fahrrad, hoch oben auf dem Trecker oder vielleicht noch auf dem Unimog. Als Reiter habe ich ihn nie gesehen.

Also war es doch nur folgerichtig anzunehmen, dass es eine Bande berittener Banditen war, die da auf mich zukam, oder findest du nicht? Meinst du auch? Ja, so kann es gehen. Da denkst du, etwas sei absolut logisch, klar wie Kloßbrühe und kann gar nicht anders sein und merkst viel zu spät, dass du ein klitzekleines Detail übersehen hast, das plötzlich alles ändert. So erging es mit an dem Tag, ich hatte bei meiner Schlussfolgerung nur eine kleine Sache nicht bedacht und so klein sie auch war, die Gefahr in die ich durch sie geriet, war riesengroß.

Ich wartete also voller Vorfreude und Spannung auf meinen großen Auftritt als Sheriff. Und dann kamen die Reiter tatsächlich um die Ecke. Es waren mehrere, genau wie ich es erwartet hatte. Für den Bruchteil einer Sekunde wunderte ich mich noch, dass ihre Pferde so klein aussahen, obwohl sie schon ganz nahe waren. Und Taschentücher vor dem Gesicht, wie sie die Banditen trugen, hatten die Reiter auch nicht auf. Meine Verwunderung dauerte aber wirklich nur ganz, ganz kurz, wie so ein kleiner Blitz, der aus deinem Gehirn geschossen kommt. Nach diesem letzten kurzen Bruchteil einer Sekunde, vergaß ich sofort alle Banditen und Sheriffs der ganzen Welt und das einzige, was ich noch dachte und fühlte war pure Angst. Ganz schreckliche Angst, so eine, bei der du dein Herz schnell und laut  ganz oben im Hals klopfen spürst und du dich kaum mehr bewegen kannst. Ach, wäre ich doch an dem Tag nicht so auf die Banditen konzentriert gewesen! Dann hätte ich es doch sofort gewusst, welche schreckliche Gefahr da gleich um die Ecke kommen würde und mich rechtzeitig aus dem Staub gemacht. Nun war es zu spät, alles war aus!

Es war eine berittene Bande! Insoweit hatte ich ja durchaus richtig gelegen. Aber es war eine Bande, die tausendmal schrecklicher war, als die größte Banditenbande, die ich mir nur hätte vorstellen können. 30 wilde Banditen oder noch mehr, meinetwegen sogar welche, die auch Pistolen hatten, alles wäre mir lieber gewesen, als die Bande, die da direkt auf mich zuritt. Es waren die Mädchen mit den Ponys!

Lachst du etwa gerade? Oh, ich verstehe. Mädchen mit Ponys klingt nicht gerade schrecklich für dich. Auf manche Mädchen mit Ponys mag es ja vielleicht zutreffen, dass sie überhaupt nicht schrecklich, gefährlich und furchteinflößend sind. Aber es waren DIE Mädchen und die waren so ziemlich das Schrecklichste, Gefährlichste und Furchteinflößendste, das ich mir damals überhaupt nur vorstellen konnte. Sie kamen des Öfteren vom Deich her durch Ammerswurth geritten.

Allen voran die Anführerin der Bande. Ein Mädchen, das so groß und stark aussah, dass das Pony unter ihm schon fast winzig wirkte. Ohne das große Mädchen auf seinem Rücken, hätte ich das Pony gewiss niedlich gefunden. Aber zusammen mit dieser Reiterin, die aufrecht im Sattel saß und unglaublich mächtig aussah, wirkte das Tier auf mich grimmig und unberechenbar. Es schien seine Zähne zu fletschen, als wolle es mich auslachen oder im nächsten Moment zubeißen. Und glaub, mir Ponys haben fast so große Zähne wie Pferde. Vor dem Gebiss eines Pferdes musst du dich immer in Acht nehmen. Daher musst du Pferde auch immer aus der flachen Hand füttern. Dann nehmen sie den Apfel oder die Möhre vorsichtig mit ihren ganz, ganz weichen Lippen von deinem Handteller. Wenn du das Futter aber festhältst, kann es leicht passieren, dass ein Pferd dir in die Hand beißt. Glaub mir! Das Gleiche gilt auch für Ponys.

Der Anführerin der Bande folgten noch andere Mädchen mit Ponys. Wie viele genau es waren, kann ich nicht sagen. Zeit zum Zählen hatte ich damals nun wirklich nicht. Ich denke, fünf oder sechs könnten es gewesen sein. Die Mädchen kannte ich nicht. Es waren jedes Mal andere, die mit der Anführerin ritten. Insgesamt muss das eine wirklich riesige Bande gewesen sein, aber alle zusammen habe ich nie gesehen. Zum Glück! Egal, in welcher Besetzung sie auch unterwegs waren, von diesen Mädchen ging immer äußerste Gefahr aus. Sobald sie mich einmal irgendwo erblickten, bedeutete die Anführerin der ganzen Truppe anzuhalten. Manchmal stiegen sie sogar von den Ponys ab. Die Mädchen lachten dann laut und riefen bedrohliche Sachen nach mir. Was sie riefen, verstand ich meistens nicht, aber etwas Bedrohliches war es in jedem Fall. Das konntest du immer genau am Tonfall erkennen. Ich wusste, wenn sie mich erwischen könnten, dann würde es mir schlecht ergehen. Also rannte ich dann so schnell ich konnte weg. Bisher war ich ihnen immer entkommen. Wer weiß, was sie sonst mit mir gemacht hätten. Das mag ich mir ja gar nicht vorstellen.

Aber dieses Mal, ja dieses Mal saß ich in der Patsche. Mein schöner, gemütlicher Weidenthron war nun plötzlich zu einer Falle geworden. Der einzige Weg nach unten führte direkt auf die Teerstraße, denn hinter mir waren ja die hohen Weidenstämme und direkt dahinter der Graben. Wenn die Mädchen mit den Ponys erst einmal direkt vor mir auf der Straße angekommen waren, konnte ich nirgends mehr hin. Dann hatten sie mich sofort. Um noch von dem Baum herunterzukommen, musste ich direkt vor sie auf den Weg springen. Wohin aber sollte ich dann noch fliehen? Sie saßen ja auf den Ponys und waren damit viel schneller als ich zu Fuß.

Ach, es war aussichtslos! Ich war so gut wie geliefert. Die großen Mädchen würden mich schnappen und schreckliche Sachen mit mir machen. Ich hatte eine solche Angst vor dem, was nun gleich geschehen würde. Wahrscheinlich zitterte ich am ganzen Körper und war weiß wie ein frischgewaschenes Bettlaken. Genau weiß ich das natürlich nicht. Ich konnte mich ja selber nicht sehen, sondern nur spüren, wie mein Herz raste. Ich musste versuchen zu entkommen! Jede Sekunde, die ich noch auf der Weide hocken blieb, machte meine Lage auswegloser. Ich atmete also einmal tief durch und sprang. Ich sprang direkt auf die kleine Teerstraße und landete nur wenige Meter vor der Anführerin auf ihrem grimmigen Pony.

Zum Glück landete ich bei diesem Sprung auf den Füßen und nicht mit den Knien auf den spitzen Steinen. In dem Fall hätten mich die Mädchen sofort umzingelt und an Flucht wäre nicht mehr zu denken gewesen. Trotzdem sahen sie mich natürlich augenblicklich, als ich da aus dem Baum gesprungen kam. Ich war zwar noch klein, aber leider nicht so klein, dass sie mich einfach hätten übersehen können. Sie begannen sofort laut zu lachen und zu grölen. Das waren vielleicht Sachen wie: „Ei, da ist sie ja!“, „Oho, die Kleine!“ oder einfach nur „Aha!“ Alles davon klang einfach schrecklich!

Was sollte ich nun machen? Die Teerstraße entlangzulaufen, wäre keine gute Idee gewesen. Wer kann schon barfuß über spitze Steine vor einem galoppierenden Pony flüchten? Richtig, das klappt nicht. Niemals hätte ich es so bis zu unserem Haus geschafft. Auf der anderen Seite der Straße war unsere Obstwiese. Aber um dorthin zu gelangen, hätte ich zunächst über das hohe Metalltor klettern müssen, das den Weg versperrte. Das hätte ich wohl auch nicht schnell genug bewerkstelligen können. Die Mädchen hätten mich gewiss auf halber Höhe vom Tor gepflückt wie einen reifen Apfel. Schießen hätte mir auch nichts genützt. Diese Mädchen hatten anders als Banditen keine Angst vor Holzpistolen, das war mir klar. Zudem hatte ich meine Pistole sowieso schon vor dem Sprung aus der Weide fallen lassen, glaube ich. Ich erinnere mich leider nicht mehr, aber nach diesem Moment habe ich sie nie mehr wiedergefunden. Wirklich gesucht habe ich sie allerdings auch nicht.

Der einzige andere Weg, den es noch gab, war die steile Böschung hinter mir, die zum Graben herunterführte. Und über diesen Graben kamst du nur, wenn du dir eine Brücke gebaut hattest. Um einfach  darüber zu springen, war er zu breit, auch wenn du gut springen konntest. Solche Brücken baute ich mir des Öfteren. Dazu brauchtest du nur ein Brett aus dem grünen Schuppen. Du weißt schon, der Schuppen, in dem ich meinen Eimer mit den Silbersteinen versteckt hatte. Darin befand sich auch ein riesiger Stapel alter, langer Bretter. Davon konntest du dann eins bis zum Graben ziehen und versuchen, es so darüber zu schieben, dass es auf beiden Seiten ein Stück weit über das Wasser reichte. Naja, wenn ich Wasser sage, stimmt das eigentlich nicht so ganz. Wenn es richtig stark geregnet hatte, war schon auch Wasser in dem Graben. Aber die meiste Zeit war es hauptsächlich Jauche.  Die war gelb-braun und an warmen Tagen ziemlich stinkig.  Die Gülle lief damals noch direkt aus dem Kuhstall der Nachbarn in diesen Graben.  Der Kuhmist allerdings lief über ein steiles Förderband bis ganz nach oben und klatschte, dort wo das Band endete, auf die Spitze des riesigen Misthaufens.

Jedenfalls war das mit der Bretterbrücke und dem Jauchegraben schon eine ziemlich gefährliche Angelegenheit. Der Graben war breit und tief, die alten Bretter hingegen waren dünn und schon ziemlich morsch. Also musstest du beim Darüberlaufen wirklich vorsichtig sein. Sie konnten sich durchbiegen und wenn du dann keine Gummistiefel anhattest, lief dir die Jauche direkt über die Füße. Oder, was noch schlimmer war, die Bretter konnten brechen. Tja, genauso habe ich damals herausgefunden, dass der Graben exakt so tief war, dass mir die Jauche bis zur Brust reichte. An dieser Erkenntnis war meine Mutter allerdings gar nicht interessiert, als ich nach dem Brückenunglück patschnass von stinkender Gülle in den Hausflur kam und ihr davon berichten wollte.

In jenem Moment, als ich direkt vor den Mädchen mit den Ponys stand, war eine solch gefährliche Brücke meine einzige Hoffnung. Ich hatte oft welche hinter dem Weidenthron gebaut, aber du konntest sie eigentlich immer nur einen Tag lang benutzen. Schon am nächsten Morgen schwammen sie meist quer im Jauchegraben oder waren schon untergegangen. Wahrscheinlich war dort unten am Ende der Böschung also keine meiner Brücken mehr. Aber egal, vielleicht hatte ich ja an diesem Tag ausnahmsweise auch mal ein bisschen Glück! Und falls nicht, wollte ich doch wesentlich lieber in dem Jauchegraben ertrinken, als den schrecklichen Mädchen in die Hände zu fallen.

So drehte ich mich also kurzentschlossen um, setzte mich hin und rutschte auf dem Hosenboden durch Gras, Giersch und meinen geliebten Wiesenkerbel die Böschung hinunter bis an den Grabenrad. Und siehe da! Das Glück war mir hold. Da lag tatsächlich noch eins der alten morschen Bretter über dem Graben. Es war nur ein bisschen nach unten durchgebogen, sodass es in der Mitte etwas von der Gülle überflutet war. Die Aussicht auf ein bisschen Jauche an den Füßen konnte mich jetzt nicht aufhalten. Füße kann man ja schließlich waschen und zwei schmutzige nackte Füße waren nun wirklich kein zu hoher Preis für mein Leben. Ich balancierte also so schnell wie möglich über das Brett, das glücklicherweise nicht brach,  auf die andere Grabenseite und rannte ein paar Meter in das hohe Getreide auf dem Acker hinein, bis ich mich schließlich flach auf den Boden warf. Vorerst war ich in Sicherheit! Die Mädchen konnten mich nicht mehr sehen und mussten mich im Kornfeld erst einmal finden.

Ja, du hast Recht! Es wäre sehr schlau gewesen, die Brücke einfach auf die andere Grabenseite zu ziehen, als ich erst darüber war. Dann hätte die Ponybande mich nicht so leicht verfolgen können. Der Gedanke kam mir leider viel zu spät. So ist das eben, wenn du so große Angst hast, dann kannst einfach nicht richtig gut nachdenken. Die Mädchen waren inzwischen längst an der abgesägten Weide angekommen. Ich konnte hören, wie die Ponys schnaubten und sich auf der Stelle im Kreis drehten. Die Bande hatte also Halt gemacht. Die Anführerin war aus dem Sattel gesprungen und mit einem lauten Klacken ihrer Stiefabsätze auf der Teerstraße gelandet.

„SSSSSwiiiietiiie!  Wir haben dich gesehen, SSSSwiiietiiie!“, rief sie mit einer hohen, kreischenden Stimme über den Graben in meine Richtung. Ich rührte mich nicht. Die anderen Mädchen lachten und begannen auch dieses langgezogene „SSSSwiiietiiie!“ zu rufen. Ich wusste nicht, was das bedeuten sollte, aber sie meinten ganz sicher mich und es bedeutete nichts Gutes. Es klang, als würde eine ganze Schar Hexen versuchen, dich mit einem süß und gleichzeitig schaurig klingenden Singsang in die Falle zu locken. „Na, SSSSwiiietieee, versteckst du dich?“, „Komm raus, SSSSwiiietiiie!“, „SSSSwiiietiiiiiiie!“ Immer lauter wurde das Rufen oder zumindest kam es mir so vor. Sie kamen doch nicht etwa schon über die Brücke? Ich drückte mich so flach auf den Boden, wie es nur ging und wagte nicht, den Kopf zu heben, obwohl ich natürlich gerne nachgesehen hätte, ob die Mädchen schon auf meiner Seite des Grabens waren.

Ich weiß nicht, wie lange ich da so lag, mich fürchtete und dem schaurigen Rufen zuhörte. Vielleicht waren es nur Minuten, aber mir kam es wie eine Ewigkeit vor. Nach geraumer Zeit  veränderte sich allerdings plötzlich etwas. Unter die SSSwiiitiiie- Klänge mischte sich plötzlich ein anderer  Ruf aus der Ferne. Ich lauschte angestrengt, um ausmachen, wer da etwas rief und woher es kam. „Sünje! Sünje! Mittagessen!“ Meine Mutter! Wieder mal kam sie dann doch noch zu meiner Rettung! Ich wagte natürlich nicht, mich zu bewegen oder zu antworten, sondern blieb still liegen. Sie rief immer weiter nach mir.

Die Mädchen hörten meine Mutter schließlich auch und ihr Gegröle verstummte. Wahrscheinlich haben sie sie auch gesehen, als sie über den Hof lief, um mich zu suchen. Ich hörte, wie sich die Ponys wieder in Bewegung setzten und ihre Hufe die Teerstraße an unserem Haus vorbei Richtung Hauptstraße klapperten. Sie ritten endlich davon!  Für heute war ich gerettet. Vorsichtshalber blieb ich noch eine Weile liegen, bis ich mich schließlich  traute, den Kopf ein wenig zu heben und durch den Weizen Richtung Hauptstraße zu spähen. Ja, die Mädchen waren schon halb in Elpersbüttel. Jetzt konnte ich aufstehen und zu meiner Mutter laufen, die schon ein wenig ungeduldig aussah.

„Warum antwortest du denn nicht? Ich such dich schon die ganze Zeit und das Essen wird kalt!“, so oder so ähnlich sagte sie. Meine schmutzigen Füße, die grünen Knie und die grünen Flecken auf meiner Sheriffhose kommentierte sie nicht. Ich glaube, sie kannte es damals einfach nicht anders, als dass morgens eine saubere Tochter aus dem Haus ging und mittags eine zerkratzte, schmutzige Tochter zurückkam. „Na, dann komm jetzt“, sagte sie noch und ging mir voran zurück in Richtung unseres Hauses.

Ich folgte ihr. Ob ich noch etwas gesagt habe, weiß ich nicht und wenn, dann war es zumindest nichts Bedeutsames.  Gedacht habe ich aber umso mehr. Ich dachte daran, wie haarscharf das gerade gewesen war und wie schrecklich gefährlich diese Banditenjagd war. Ja, die Banditenjagd war an allem schuld!  Wenn man Banditen jagt, kann man sich auf gar nichts anderes mehr konzentrieren und wozu das führen kann, hatte ich ja gerade fast am eigenen Leib zu spüren bekommen. So ging das nicht weiter!

Ich wollte ja gerne Sheriff bleiben und dem mir verliehenen silbernen Sheriffstern alle Ehre machen – aber nicht so! Bis nach dem Mittag musste ich mir dringend etwas einfallen lassen. Für einen Dorf-Sheriff in Ammerswurth musste es doch noch andere Aufgaben geben. Mit der Banditenjagd musste jedenfalls Schluss sein, wenn mir mein Leben lieb war. Und das war es! Die Banditenjagd endete jetzt und hier, in der prallen Mittagssonne, während ich hinter meiner Mutter über den Hof trottete.

Wie es dann mit meinem Tag als Sheriff am Nachmittag weiterging, erzähle ich dir beim nächsten Mal. Jetzt muss ich mich erst mal von der Erinnerung an die schreckliche Ponybande erholen, die mich an dem Tag – und das nicht zum letzten Mal in meinem Leben – fast, aber nur fast, erwischt hätte. Aber das weißt du ja, denn sonst wäre es ja aus mit mir gewesen und ich hätte dir heute keine der alten Geschichten aus den 70er Jahren mehr erzählen können.

 

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Nach diesen Gruselschocker hast du vielleicht Lust, ein paar weniger bedrohliche berittene Mädchen zu sehen? Dick und Dalli und ihre Ponys hätte ich als Kind sehr gerne getroffen. Wenn diese Filme im Fernsehen liefen, durften wir immer etwas länger aufbleiben. Und die Geschichten vom Immenhof haben wir dann immer mit großer Begeisterung nachgespielt. 

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