UgH mit "Sabine"
Fazit zum Sturmtief 2019
Was ist denn UgH und wer ist Sabine? Ersteres ist leicht erklärt. UgH (Urlaub gegen Hand) ist eine tolle Sache, wenn man mal mit kleinem Budget irgendwo im In- oder Ausland Ferien machen möchte. Menschen stellen einem eine Unterkunft und eventuell sogar Logis, während man ihnen im Gegenzug, je nach seinen Fähigkeiten, stundenweise bei bestimmten Arbeiten hilft, sei es nun bei Renovierungsprojekten, bei der Gartenarbeit, Tierversorgung oder was auch immer.
Braucht man selbst Hilfe bei bestimmten Dingen, ist UgH auch eine praktische Sache und mit Chance lernt man dabei sogar noch nette Menschen kennen. So hatten wir es uns auch mit Sabine vorgestellt…
Wer genau denn nun diese Sabine ist, kann ich allerdings auch im Nachhinein nicht so ganz genau sagen.
Eine Woche ist nun her, dass wir Sabine bei uns zu Gast hatten. Vor ihrem Besuch wussten wir nur, dass sie noch relativ jung war, irgendwo aus dem Südwesten kam und nach ihrem Aufenthalt hier nach Süden weiterreisen wollte. Es schien, als würde sie sich als ausgesprochen anspruchsloser Gast erweisen. Sie brauchte keinen Schlafplatz im Haus, sie war wohl eher so der Outdoor-Typ, was uns sehr praktisch erschien, da unser Gästezimmer immer noch nicht fertig ist. Auch an einer Verpflegung durch uns hatte sie kein Interesse. Somit würde sie auch unsere Haushaltskasse nicht strapazieren. Die Aufgaben hier wollte sie ohne Unterstützung unsererseits allein und selbständig erledigen. Alles Pluspunkte für Sabine.
An Arbeitsleistungen hatten wir uns lediglich ein paar Kleinigkeiten gewünscht, schließlich sollte ihr ja auch noch genug Zeit bleiben, sich Dithmarschen ausgiebig anzuschauen. Ein bisschen Brennholz machen, die Fenster vom Windschutz an der Terrasse putzen und etwas Laub beseitigen. Die Sache mit dem Laub, da hatte ich schon im Vorfeld kein so gutes Bauchgefühl. Aus irgendeinem Grund hatte ich so den Animus, Sabine könnte vielleicht eher von der Fraktion „Laubpuster“ sein. Dennoch hatte ich Hoffnung, sie in diesem Falle davon überzeugen zu können, lieber einen Rechen zu benutzen, um Tierchen und Umwelt zu schonen.
So warteten wir also auf Sabine. Gegen Mittag sollte sie eintreffen. Wir warteten. Und dann, plötzlich war sie da. Kein „Hallo“, keine Begrüßung, sie kam einfach und legte los. Okay, wir wollten dann mal nicht so sein. Vielleicht war sie ja auch nicht so der kommunikative Typ? Die Geräuschkulisse, die aus dem Garten zu uns ins warme Haus drang, ließ zumindest erahnen, dass sie äußerst energetisch zu Werke ging. Vielleicht gar ein wenig zu stürmisch?
Als das Getöse von draußen auch in der Nacht nicht nachließ, wurde mir doch schon ein wenig mulmig. Ich versuchte mich zu beruhigen und sagte mir, sie sei wohl eher so ein Nachttyp und schlief schließlich wieder ein, obwohl es klang, als würden im Garten Blitz und Donner mit Hagelschauern wüten. Es gibt ja so Persönlichkeiten, die einfach eine gewisse Grundlautstärke mitbringen.
Die nächsten Tage war das Wetter einfach schauderhaft. Das tat uns natürlich Leid für Sabine, die hier doch schließlich ein paar schöne Urlaubstage verbringen sollte. Aber da aus dem Garten zeitweise keine Geräusche zu vernehmen waren, nahmen wir an, dass sie trotz des Schietwettters ein paar kleine Ausflüge in die nähere Umgebung unternahm. Wir selbst setzten keinen Schritt vor die Tür und warteten bei Kaffee, Tee und Grog auf etwas mildere Temperaturen.
Dann am vierten Tag war sie fort, einfach abgereist, ohne ein Wort. Ein bisschen seltsam, aber vielleicht war sie auch nicht so der sentimentale Typ, der auf tränenreiche Abschiede steht. Schon okay, man soll ja jeden so nehmen, wie er eben ist. Mit ihr war auch das schlechte Wetter verschwunden und der erste lichte Morgen seit Tagen brach an.
„Mensch! Fensterputzen kann die aber wirklich!“, dachte ich als es hell wurde und ich die Scheibe unseres Windschutzes sah. Gut, sie hatte zwar nur eine von drei geputzt, aber die war so spiegelblank, dass es wirkte, als würden die dahinterstehenden Pflanzen durch das Glas auf die Terrasse ragen. Hab ich noch nie so gut hinbekommen. Maik zuckte später nur mit den Schultern und kehrte wortlos die Scherben auf. Er weiß schließlich, dass ich dringend eine neue Brille brauche. Irgendwie kreativ fand ich Sabines Idee, wie man dreckige Scheiben loswerden konnte, dann aber doch – zumindest ein bisschen, kurzfristig…
Später gingen wir in den Garten, um uns anzuschauen, was aus unserem Brennholz geworden war. Der Brennholzstapel lag unberührt da. Hatte Sabine das mit dem Holz nicht mehr geschafft? Nun, nicht so schlimm, war ja alles kein Muss. Vielleicht war sie ja eher nicht so der Holztyp. Auf der Obstwiese stellten wir dann fest, dass sie sehr wohl Brennholz gemacht hatte. Sie hatte nämlich unseren großen Kirschbaum gefällt. Zugegeben, Kirschholz ist natürlich wirklich ganz gutes Brennholz, aber dennoch schade um den alten Baum, wo wir doch kubikmeterweise Holz hier liegen haben, dass nur noch zerkleinert werden müsste. Gut unsere Schuld, dass wir da keine konkreten Absprachen getroffen hatten.
Zudem hatte sie überall auf der Wiese Äste und Zweige ausgelegt. Wir fragten uns, ob das wohl eine besondere, uns unbekannte Technik sei, mit der das Holz schneller trocknen würde oder was sonst für ein Plan dahinter stecken könnte. Fragen konnten wir Sabine ja nicht mehr danach, denn sie hatte keine Kontaktdaten hinterlassen. So tatkräftig sie auch zu Werke gegangen war, die letzte Begeisterung für das Ergebnis ihrer nächtlichen Anstrengungen wollte sich bei uns schlussendlich nicht einstellen. So war ich dann auch recht froh, dass sie zu dem Laub wohl nicht mehr gekommen war. Wer weiß, was für eine kreative Idee ihr dazu vielleicht noch gekommen wäre.
So war das also mit dieser, doch etwas mysteriösen Sabine. Auf solchen UgH-Plattformen tummeln sich eben auch einige eigenwillige Charaktere. Da muss man schon mit rechnen. Und schließlich ist ja alles ganz glimpflich ausgegangen.
Inzwischen ist eine Woche vergangen und ihre Nachfolgerin ist bereits eingetroffen. Sie heißt Victoria, ist auch noch ziemlich jung und kommt wohl gerade von einem Besuch auf Island. Und, was soll ich sagen, irgendwie habe ich ein Déjà-vu …
Nach dieser Sturmgeschichte ist mir richtig kalt geworden, ich mach mir erstmal einen schönen heißen Grog. Möchtest du auch einen? Dann schau doch mal in unser Grog-Rezept